Sonderungsverbot: Wie hoch darf das Schulgeld an Privatschulen sein?

Schulen in freier Trägerschaft sollen offen für alle Einkommensschichten sein

Um als Ersatzschulen genehmigt zu werden, dürfen Schulen in freier Trägerschaft „eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern“ nicht fördern (Art. 7 Abs. 4 Grundgesetz). Dieses sogenannte Sonderungsverbot wird vor allem als Obergrenze für die Erhebung von Schulgeld verstanden. Der Gedanke dahinter: Ist das Schulgeld zu hoch, werden Kinder aus einkommensschwachen Familien vom Schulbesuch abgehalten. Das Grundgesetz möchte auf diese Weise verhindern, dass Privatschulen nur den Besserverdienenden offenstehen.

Ab welcher Höhe verstößt das Schulgeld gegen das Sonderungsverbot?

Die Frage nach der Höhe des zulässigen Schulgelds lässt sich nicht pauschal beantworten. Aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung ergibt sich kein konkreter Betrag. In einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1994 heißt es, dass Beiträge von 170 bis 190 DM „nicht von allen Eltern gezahlt werden können“. Nach fast drei Jahrzehnten dürfte sich aus diesen Zahlen aber wenig ableiten lassen. Im Jahr 2011 entschied das Bundesverwaltungsgericht entgegen der Vorinstanz, dass aus dem Sonderungsverbot keine Begrenzung des Schulgelds auf 70 Euro je Kind folge – allerdings ohne selbst eine Grenze festzulegen.

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Bundesländer legen Sonderungsverbot unterschiedlich aus

Dementprechend existiert in den Bundesländern ein unübersichtlicher Flickenteppich an Regelungen zum Sonderungsverbot und zum Schulgeld. Manche Länder haben hierzu Gesetze oder Verordnungen erlassen, in anderen entscheiden die Genehmigungsbehörden nach verwaltungsinternen Vorschriften oder nur einzelfallbezogen. Zum Teil wird der Anspruch auf staatliche Finanzhilfe mit dem Schulgeld verbunden: In Rheinland-Pfalz wird die Förderung nur Privatschulen gewährt, die kein Schulgeld erheben. In NRW wird durch eine Anrechnung auf die Finanzhilfe die Erhebung von Schulgeld faktisch ausgeschlossen. In anderen Bundesändern scheint es dagegen kaum Vorgaben zur Schulgeldhöhe und deren Kontrolle zu geben (z.B. Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg).

Eine umfassende Übersicht über die Regelungen und die Verwaltungspraxis in den Bundesländern haben Prof. Dr. Wrase und Prof. Dr. Helbig vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) zusammengetragen.

Verstoß gegen Sonderungsverbot kann durch Staffelung des Schulgelds oder Stipendien vermieden werden

In einem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg aus dem Jahr 2013 heißt es:

Eine Staffelung der Schulgelder nach den Einkommensverhältnissen der Eltern ist im Grundsatz geeignet, die allgemeine Zugänglichkeit einer Schule im Rahmen eines verhältnismäßigen Solidarausgleichs unter den Eltern zu ermöglichen.

Auch die Vergabe von Stipendien kann dazu beitragen, Kindern aus sozial schwächeren Familien den Schulbesuch zu ermöglichen und somit eine Verletzung des Sonderungsverbots zu vermeiden. Es reicht jedoch nicht aus, Stipendien nur in Ausnahmefällen zu vergeben.

Mitgliedsbeiträge für Verein sind kein Schulgeld

Vom Schulgeld zu unterscheiden sind Beiträge, die Eltern oder Kinder aufgrund ihrer Mitgliedschaft im Schulträger- oder Förderverein zahlen. Häufig werden solche Mitgliedbeiträge in nicht geringer Höhe neben dem Schulgeld erhoben, um die Finanzierung der Privatschule sicherzustellen. Wichtig ist, dass Mitgliedsbeiträge nicht an Gegenleistungen geknüpft werden dürfen (z.B. den Schulbesuch). Sonst handelt es sich um einen „unechten Mitgliedsbeitrag“, der eigentlich ein zusätzliches Schulgeld darstellt. Diese Umqualfizierung kann zu einem Verstoß gegen das Sonderungsverbot führen und hat außerdem schwerwiegende steuerliche Folgen (z.B. für die Umsatzsteuer und den Spendenabzug).

Rechtliche Expertise beim Kontakt mit den Behörden sinnvoll

Die Anwendung des Sonderungsverbots wird in den Bundesländern sehr unterschiedlich gehandhabt und ist (auch politisch) hoch umstritten. Konkrete Vorgaben zur Höhe des Schulgelds und der zulässigen Ausgestaltung durch Stipendien oder Beitragsstaffelungen lassen sich oft nur bezogen auf den Einzelfall und im direkten Kontakt mit den Behörden ermitteln.

Bei jeder Regelung ist außerdem zu überprüfen, ob sie sich innerhalb der verfassungsrechtlichen Grenzen bewegt – insbesondere ob die Privatschulfreiheit (Art. 7 Abs. 4 des Grundgesetzes) ausreichend beachtet wird.

Gerne unterstützen wir deine Schule oder Schulgründungsinitiative beim Thema Schulgeld und Sonderungsverbot. Schreib uns einfach eine Nachricht über das Kontaktformular oder vereinbare einen kostenlosen Kennenlern-Termin.

Rechtsanwalt Linus Junginger

Linus Junginger

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Zertifizierter Stiftungsberater (DSA)
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