Aufsichtpflicht: Was müssen Privatschulen beachten und wer haftet bei Verstößen?
Wo ist die Aufsichtspflicht für Schulen in freier Trägerschaft geregelt?
Im Gegensatz zu den staatlichen Regelschulen ergibt sich die Aufsichtspflicht für Schulen in freier Trägerschaft nicht nicht direkt aus Gesetzen, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften. Sie folgt (zum Schutz der Schülerin oder des Schülers) aus dem Schulvertrag, den Eltern und Schulträger miteinander schließen. In der Regel wird dort die Aufsichtspflicht nicht ausdrücklich erwähnt, stellt aber eine vertragliche Nebenpflicht dar. Sie kann auch im Vertrag nicht ausgeschlossen und nur in begrenztem Umfang modifiziert werden, da ein Ausschluss eine unangemessene Benachteiligung von Schülern und Eltern darstellen würde.
Die Aufsichtspflicht zum Schutz anderer Personen vor den Gefahren, die von Schülerinnen und Schülern ausgehen, folgt aus den allgemeinen Schadensersatzvorschriften des Zivilrechts (§ 832 BGB).
Landesrechtliche Vorschriften, die die Aufsichtspflicht für staatliche Schulen konkretisieren, sind zwar nicht direkt auf Schulen in freier Trägerschaft anwendbar. Sie dienen aber als Auslegungshilfe für den Schulvertrag, da sich aus ihnen ergibt, welches Verhalten des Schulträgers vernünftigerweise erwartet werden kann.
Wann beginnt und endet die Aufsichtspflicht?
Zeitlich sind Kinder grundsätzlich während des Unterrichts und aller sonstigen Schulveranstaltungen zu beaufsichtigen. Auch vor Beginn und nach Ende des Unterrichts muss für einen gewissen Zeitraum (in der Regel 15-20 Minuten) eine Aufsicht stattfinden, wenn sich Schülerinnen und Schüler zu diesen Zeiten im Schulgebäude oder auf dem Schulgrundstück aufhalten.
Wo sind die Schüler zu beaufsichtigen?
Örtlich gilt die Aufsichtspflicht für das gesamte Schulgrundstück, also nicht nur im Schulgebäude oder auf dem Pausenhof. Darüber hinaus muss die Aufsicht an allen anderen Orten ausgeübt werden, die im Rahmen von Unterricht und Schulveranstaltungen besucht werden (z.B. Exkursion, Klassenfahrt, Unterricht im Freien) und auf den Wegen zwischen diesen Orten (Unterrichtswege).
Auf dem Schulweg, also dem Weg von zu Hause zur Schule und zurück, gilt die Aufsichtspflicht der Schule nicht. Hier sind die Eltern in der Verantwortung.
Wer übt die Aufsichtspflicht aus?
Die Aufsichtspflicht kann auf alle Personen übertragen werden, die mit pädagogischen Aufgaben betraut sind und hierfür ausgebildet sind (Lehrkräfte, Schulleitung, andere pädagogische Kräfte).
Generell nicht geeignet (und laut ihrem Arbeitsvertrag in der Regel auch nicht verpflichtet) sind andere Personen, z.B. Verwaltungskräfte, Hausmeister oder freiwillig helfende Eltern. Diesen kann die Aufsicht nur in sehr begrenztem Umfang und in Ausnahmefällen übertragen werden. Werden sie regelmäßig beispielsweise als Pausenaufsicht eingesetzt, verletzt die Schule damit ihre Aufsichtspflicht.
Wie muss die Aufsichtspflicht ausgeübt werden?
Klar ist: Eine lückenlose Überwachung von Schülerinnen und Schülern ist weder möglich, noch wäre das pädagogisch sinnvoll. Schulen sollen Kinder und Jugendliche zu selbständigen Persönlichkeiten wachsen lassen und ihnen Freiräume gewähren. Das gilt besonders für Schulen mit reformpädagogischen Ansätzen.
Allerdings darf es weder örtlich noch zeitlich Situationen geben, in denen sich Schüler generell unbeaufsichtigt fühlen. Das bedeutet zum Beispiel, dass es keine „toten Winkel“ auf dem Schulhof geben darf oder Zeiten, in denen keine Lehrkräft in der Nähe ist.
Zur Aufsicht eingeteilte Personen müssen die Einhaltung von Regeln kontrollieren, diese konsequent durchsetzen und in Gefahrensituationen durch angemessenes Verhalten eingreifen. Wie viele Lehrkräfte für wie viele Schüler zur Aufsicht eingeteilt sein müssen und wie intensiv sie diese „überwachen“ müssen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (Alter und Reife der Schüler, Ort, drohende Gefahren). Hierfür gibt es keine Faustregel.
Wer haftet bei Verstößen gegen die Aufsichtspflicht?
Wird die Aufsichtspflicht verletzt und entsteht dadurch ein Schaden (z.B. Verletzung eines Kindes, Beschädigung einer Sache) haftet dafür zunächst der Schulträger, also in der Regel ein Verein oder eine andere Körperschaft. Im Rahmen der sog. Organhaftung haften daneben auch verantwortliche Personen (z.B. Vorstand, Geschäftsführer), wenn ihnen Vorsatz oder Fahrlässigkeit nachgewiesen werden kann.
Auch Lehrerinnen und Lehrer haften bei Vorsatz oder Fahrlässigkeit für ihr eigenes Verschulden. Verletzt eine angestellte Lehrkraft die Aufsichtspflicht, hat sie gegen ihren Arbeitgeber (Schulträger) aber unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Haftungsfreistellung (leichte Fahrlässigkeit: vollständige Freistellung, mittlere Fahrlässigkeit: anteilige Freistellung).
Bei Personenschäden übernimmt in der Regel die gesetzliche Unfallversicherung den Schaden. Für Sachschäden muss die Schule selbst eine Versicherung abschließen.
Bei einer besonders schwerwiegenden Verletzung der Aufsichtspflicht kommt auch eine Strafbarkeit der Verantwortlichen in Betracht (z.B. § 171 StGB).
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