Finanzgericht Hamburg: Sportvereine müssen Kosten korrekt aufteilen

Wie müssen Betriebsausgaben bei gemeinnützigen Vereinen aufgeteilt werden, wenn sowohl der ideelle Bereich als auch ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb betroffen sind? Und kann eine Jugendreise als Zweckbetrieb anerkannt werden? Zu diesen Fragen hat das Finanzgericht Hamburg eine wichtige Entscheidung getroffen.

Gemeinnützigkeit, Vereine & Verbände  |  20. Februar 2025  |  Lesezeit 5 Minuten

Das Finanzgericht (FG) Hamburg hat sich mit der Aufteilung von Betriebsausgaben für Sportanlagen und mit der Frage beschäftigt, ob eine vom Verein durchgeführte Jugendreise als Zweckbetrieb oder als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb einzuordnen ist (Urteil vom 05.12.2024 – 5 K 125/23).

Sachverhalt

Ein gemeinnütziger Sportverein, der sich der Förderung des Amateursports und der Jugendarbeit widmet, betrieb eine Schwimmhalle und eine Tennishalle. Beide wurden genutzt:

  • für den ideellen Bereich (eigene Vereinsaktivitäten),
  • als Zweckbetrieb (Vermietung an Mitglieder),
  • als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (Vermietung an Nichtmitglieder).

Zusätzlich organisierte der Verein eine Jugendreise ins Ausland, die seit vielen Jahren stattfand und einen kulturellen Austausch beinhaltete. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass:

  1. Leerstandszeiten der Sportanlagen vollständig dem ideellen Bereich zuzuordnen sind.
  2. Die Jugendreise kein Zweckbetrieb, sondern ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb sei.

Dagegen klagte der Verein – teilweise mit Erfolg.

Rechtliche Fragestellung: Ideeller Bereich, Zweckbetrieb oder wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb?

Das FG Hamburg musste folgende Fragen klären:

  1. Wie sind die Betriebsausgaben einer Sportanlage aufzuteilen, wenn sie sowohl für ideelle Zwecke als auch für steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe genutzt wird?
  2. Darf das Finanzamt Leerstandszeiten automatisch dem ideellen Bereich zuordnen?
  3. Kann eine vom Verein organisierte Jugendreise als steuerbegünstigter Zweckbetrieb anerkannt werden?

Entscheidung des FG Hamburg

1. Aufteilung der Betriebsausgaben für Sportanlagen

Das Gericht entschied, dass die Betriebsausgaben anteilig nach den tatsächlichen Nutzungszeiten zwischen den verschiedenen Bereichen aufgeteilt werden müssen.

  • Das Finanzamt hatte die Leerstandszeiten vollständig dem ideellen Bereich zugeschlagen, wodurch der steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetrieb weniger Betriebsausgaben ansetzen konnte.
  • Das Gericht entschied jedoch, dass eine pauschale Zuordnung zum ideellen Bereich unzulässig ist – stattdessen muss eine Aufteilung anhand der tatsächlichen Nutzung erfolgen.
  • Das bedeutet: Leerstandszeiten müssen anteilig den verschiedenen Nutzungsbereichen zugeordnet werden.

2. Keine Anerkennung der Jugendreise als Zweckbetrieb

Das FG Hamburg entschied, dass die vom Verein organisierte Jugendreise kein Zweckbetrieb im Sinne der Abgabenordnung (§ 65 AO) ist.

  • Erforderlich wäre, dass die Reise ausschließlich dem gemeinnützigen Zweck dient und nicht mit kommerziellen Anbietern konkurriert.
  • Da es vergleichbare kommerzielle Anbieter für Jugendreisen gab, wurde die Reise als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb eingestuft.
  • Damit sind die Einnahmen aus der Reise steuerpflichtig, und der Verein kann keine Steuerbefreiung dafür geltend machen.

Auswirkungen auf andere Vereine

Diese Entscheidung hat wichtige Konsequenzen für gemeinnützige Vereine mit Sportanlagen und wirtschaftlichen Tätigkeiten:

1. Betriebsausgaben müssen sachgerecht aufgeteilt werden

  • Vereine können sich darauf berufen, dass Leerstandszeiten nicht automatisch dem ideellen Bereich zuzuordnen sind.
  • Eine Aufteilung nach tatsächlicher Nutzung ist erforderlich.

2. Vorsicht bei wirtschaftlichen Tätigkeiten!

  • Gemeinnützige Vereine müssen sicherstellen, dass Zweckbetriebe tatsächlich zur Verwirklichung ihrer gemeinnützigen Ziele notwendig sind.
  • Jugendreisen oder ähnliche Aktivitäten sind steuerfrei, wenn sie keine kommerziellen Wettbewerber verdrängen.

3. Verlustverrechnung bei wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben

  • Laut dem FG Hamburg dürfen Verluste aus einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb mit Gewinnen aus anderen wirtschaftlichen Tätigkeiten verrechnet werden.
  • Das reduziert das Risiko einer Aberkennung der Gemeinnützigkeit durch fortlaufende Verluste in einem Teilbereich.

Fazit

Das FG Hamburg stärkt die Rechte gemeinnütziger Vereine bei der Aufteilung von Ausgaben, setzt aber klare Grenzen für steuerfreie Zweckbetriebe.

  • Sportanlagen müssen nach tatsächlicher Nutzung abgerechnet werden, Leerstandszeiten sind nicht pauschal dem ideellen Bereich zuzuordnen.
  • Jugendreisen und ähnliche Programme müssen gemeinnützige Zwecke erfüllen und dürfen nicht mit kommerziellen Angeboten konkurrieren, um steuerfrei zu bleiben.

Das Urteil unterstreicht, wie wichtig eine präzise steuerliche Planung für gemeinnützige Organisationen ist – insbesondere, wenn wirtschaftliche Aktivitäten zur Finanzierung genutzt werden.

Rechtsanwalt Alexander Vielwerth

Alexander Vielwerth

Rechtsanwalt, LL.M. oec.
Zertifizierter Stiftungsberater (FSU Jena)
alexander@vielwerth-junginger.de +49 6131 88888 99

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