Um was ging es in dem Fall?
Ein Unternehmen wollte in Köln ein Wettbüro betreiben. Im Umkreis von wenigen hundert Metern befanden sich jedoch mehrere Schulen, darunter auch eine Grundschule in freier Trägerschaft. Die für die Erlaubnis zuständige Behörde verweigerte die Genehmigung unter Hinweis auf den gesetzlichen Mindestabstand zu öffentlichen Schulen, der in NRW bei 350 Metern liegt (§ 13 Abs. 13 GlüStV NRW).
Wettbüro-Betreiber klagt erfolglos vor dem Verwaltungsgericht
Hiergegen erhob das Unternehmen Klage vor dem Verwaltungsgericht (VG) Köln. Der Kläger berief sich dabei unter anderem auf Verletzungen des Grundgesetzes und des Europarechts – scheiterte jedoch letztlich, weil das Gericht die Abstandsregeln aus Gründen des Jugendschutzes für zulässig hielt.
Am Rande ging es in dem Urteil aber auch um die Frage, was eine „öffentliche Schule“ ist. Das VG zählte dazu auch Schulen in freier Trägerschaft, wenn sie von Kindern und Jugendlichen besucht werden. Wegen des Zwecks der Regelung (Gewöhnung von Kindern an Verfügbarkeit von Glücksspieleinrichtungen zu verhindern) gäbe es keinen Anlass, private Ersatzschulen wegen ihrer besonderen Schülerstruktur anders zu behandeln als staatliche Regelschulen.
Mindestabstand zu Schulen auch in anderen Bundesländern
Die Regulierung von Glücksspiel und Sportwetten fällt in den Kompetenzbereich der Bundesländer. Diese haben in einem Glücksspielstaatsvertrag gemeinsame Mindestanforderungen formuliert, weitergehende Regelungen haben die Ländern in ihren jeweiligen Ausführungsgesetzen geregelt. Neben NRW sehen zum Beispiel Bayern und Baden-Württemberg Mindestabstände von Wettbüros zu Schulen und anderen Einrichtungen vor, die von Kindern besucht werden (Bayern: 250 Meter, Baden-Württemberg: 500 Meter). Die Gerichte in anderen Bundesländern sind an die Entscheidung des VG Köln zwar nicht gebunden, ähnliche Urteile sind aber wegen der einleuchtenden Begründung des Gerichts zu erwarten.
Müssen sich auch Privatschulen an die Abstandsregeln halten?
Für Schulen in freier Trägerschaft ist nicht nur die Frage interessant, ob sich Spielhallen und Wettbüros in ihrer Nähe ansiedeln dürfen. Häufig handelt es sich um unauffällige Geschäfte, mit denen die Schüler nicht in Kontakt kommen. Relevant dürfte aber vor allem die umgekehrte Konstellation sein: Wie sieht der Fall aus, wenn die Glücksspieleinrichtung vorher da war und ein Schulträger im Umkreis weniger hundert Meter eine Schule eröffnen möchte?
Baubehörde kann Mindestabstand verlangen
Grundsätzlich ist ein Bauvorhaben (dazu zählt auch die erstmalige Nutzung eines Gebäudes als Schule) zulässig, wenn es dem Bebauungsplan entspricht, oder (wenn es keinen Bebauungsplan gibt) es mit der näheren Umgebung harmoniert. Als Anlagen für soziale Zwecke können Schulen auch in allgemeinen Wohngebieten oder Mischgebieten betrieben werden.
Im Baugenehmigungsverfahren werden von der Behörde jedoch nicht nur baurechtliche Vorgaben geprüft, sondern auch „sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften„, die städtebaulich relevant sind. Dazu dürften auch die Abstandsregelungen für Spielhallen, Wettbüros, Bordelle oder andere für Kinder und Jugendliche nicht vorgesehene Einrichtungen gehören. Die Baubehörde könnte also die Bau- oder Nutzungsgenehmigung für ein Schulgebäude verweigern, weil der Mindestabstand zu solchen Geschäften nicht eingehalten wird. Dass stattdessen das Wettbüro schließen muss, kommt aus Gründen des Bestandsschutzes nicht in Betracht.
Umgebung des Schulgebäudes kann auch für die Schulgenehmigung relevant sein
Nicht nur die Baubehörde, sondern auch für die Schulgenehmigungsbehörde könnte sich mit Glücksspiel- und ähnlichen Einrichtungen in der Nähe des Schulgebäudes beschäftigen. Denn Ersatzschulen erhalten nur eine Genehmigung, wenn sie hinsichtlich ihrer Einrichtungen nicht hinter den staalichen Schulen zurückstehen, wozu auch das Gebäude und seine Lage gehören. Eine Schule in einer für Kinder vollkommen ungeeigneten oder gefährlichen Umgebung wäre hier sicher problematisch und könnte dazu führen, dass eine Schule nicht genehmigt wird oder ihre Genehmigung verliert.
Allerdings dürfte hier die Schwelle deutlich höher liegen als bei der Baugenehmigung – ein einfacher Verstoß gegen einen gesetzlichen Mindestabstand wird nicht ausreichen, die Ungleichwertigkeit der schulischen Einrichtungen zu begründen. Zudem darf die Schulbehörde nicht einfach „Bauaufsicht spielen“ und Fragen prüfen, die im Zuständigkeitsbereich der Baubehörden liegen.
Volltext der Entscheidung: VG Köln, Urteil vom 05.10.2022 – 24 K 1472/21